#786 - Richard David Precht über Gaza, Meinungsfreiheit & Pressefreiheit

Shownotes

Zu Gast im Studio: Richard David Precht, Schriftsteller, Germanist, Philosoph, Publizist und Moderator. Er ist Honorarprofessor für Philosophie und Ästhetik an der Hochschule für Musik Hanns Eisler Berlin. Von 2011 bis 2023 war er zudem Honorarprofessor für Philosophie an der Leuphana Universität Lüneburg. Sein neues Buch: "Angststillstand - Warum die Meinungsfreiheit schwindet" (Penguin Verlag, 2025)

Ein Gespräch über Ad-Hominem-Kritik, Richard als künstliche Intelligenz, den Völkermord in Gaza und das Versagen der etablierten deutschen Politik und Presselandschaft, Chomskys Propaganda-Modell, Richards Idee seines neuen Buch, seine Takes zur Meinungsfreiheit in Deutschland, die Allensbach-Studie zur gefühlten Meinungsfreiheit, den Unterschied zwischen Angst und Vorsicht, Kritik an Richards Thesen, das "Meinungsfreiheitsparadox" analog zu Aladin El-Mafaalanis Integrationsparadox, die Geschichte des Kampfes für Meinungsfreiheit, insbesondere die linke Forderung nach mehr Meinungsfreiheit in den späten 1960er sowie die Verwirklichung dessen mit de, Internet und den sozialen Medien + eure Fragen via Hans

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Kommentare (6)

Alain Joray

Ich möchte mich Thilo ausdrücklich anschliessen und zugleich Ronnies Kommentar bestätigen. Herr Precht vermischt in seiner Argumentation auch meiner Meinung nach zwei völlig unterschiedliche Ebenen: die politische Meinungsfreiheit – also das Recht, sich zu Themen wie Steuern, Sozialhilfe oder Krieg kritisch zu äußern – und die gesellschaftliche Entwicklung hin zu mehr Inklusion und Sensibilität. Dass man heute nicht mehr ungestraft diskriminierende oder herabwürdigende Aussagen über Frauen, queere Menschen, Migrant*innen oder Menschen mit Behinderung machen kann, ist kein Verlust an Freiheit, sondern ein Ausdruck gesellschaftlicher Reifung. Wer früher unbewusst ausgrenzen durfte, konnte sich natürlich „freier“ fühlen – aber nur, weil andere schweigen mussten. Das hat Ronnie aus meiner Sicht auch gemeint: Je wacher eine Gesellschaft wird, desto stärker empfinden jene, die früher unhinterfragt reden konnten, nun Grenzen. Das ist keine Zensur, sondern Fortschritt. Eine Gesellschaft, die Minderheiten endlich zuhört, wirkt vielleicht unbequemer – aber sie ist gerechter. Ich finde es großartig, dass Thilo diesen Punkt, auch gegen Prechts rhetorische Wucht, immer wieder einbringt. Er bleibt ruhig, kritisch und beharrlich – und gerade das macht dieses Gespräch wertvoll. Denn wahre Meinungsfreiheit zeigt sich nicht darin, dass alle alles sagen dürfen, sondern darin, dass Widerspruch möglich bleibt – auch gegen den philosophischen Mainstream.

Ronnie

Herr Precht vermischt auch meiner Meinung nach einiges zu unrecht. Er vermischt auch etwas, das noch nicht zur Sprache kam: es ist streng zu trennen bezogen auf politische Meinung zu einem politischen Thema (Wehrpflicht, Steuern, Sozialhilfe etc) und der gesellschaftlichen Entwicklung dessen, was im Sinne der Frage Ausgrenzung/Inklusion gerade state of the Art ist. Letzteres ist das, was Precht unter wokeness versteht. Dass man heutzutage nicht mehr susgrenzende, diskriminierende Aussagen über einer Randgruppe angehörigen Person machen "darf" (Beehinderte, queere, Frauen, Migranten etc) hat definitiv einen riesigen Anteil daran, dass 58 / 100 Leuten heute angeben, die Meinungsfreiheit sei ihrem Gefühl nach weniger geworden, wogegen das nach Allensbach ab den 70/80 er Jahren deutlich weniger waren. Damals "durfte" man nämlich ausgrenzen und diskriminieren und hat davon nicht einmal Notiz genommen, es also nicht einmal gemerkt, weil die woken Themen erst später durch eine kognitive Weiterentwicklung der Gesellschaft überhaupt ins Bewusstsein gelangt sind. Die Menschen, die schon damals einer Minderheit angehörten, sagen wir ein homosexuelles Paar, haben gegenüber Allensbach damals bestimmt angegeben, sie hätten nicht das Gefühl ihre Meinung frei sagen zu können ( zb dass schwule Menschen auch heiraten sollen dürfen, oder dass Schwulsein etwas total tolles ist). Aber es war halt nur eine Minderheit. Daraus folgt, dass in fortschrittlichen ("woken") Zeiten schon rein mathematisch mehr Leute (aus der Gruppe der nicht einer Minderheit angehörigen Personen) fühlen, dass sie ihre Meinung nicht mehr so frei sagen dürfen. So einfach ist das, zumindest was den großen Faktor bei dieser Frage, Wokeness, betrifft.

Ronnie

Wow, Hans, deine Argumentation mit der self erfilling Prophecy ist so überzeugend, danke!

Kati

Was Herr Precht verkennt: die Kommunikation in social Media erfüllt ziemlich oft Straftatbestände (gegen die Precht ja nichts hat), ohne dass die Straftaten eben strafrechtlich verfolgt werden. Das ist gerade Teil des Problems. Die Strafverfolgung kann ressourcenmäßig gar nicht alles ahnden und das geschieht auch nicht. Rechtsfreier Raum insofern.

Claudia Weslowski

Herr Prechts Geduld gegenüber diesem gefühlt besserwisserischen pubertierenden Moderator ist wirklich bewundernswert. Das war kein Gespräch auf Augenhöhe.

Conni

Gradezu erschütternd, wie wenig der Moderator Richard David Precht intellektuell gewachsen ist. Man kann zu Precht stehen wie man will, aber er ist einfach ein heller Kopf, während der Moderator den Hörer peinlich berührt zurücklässt. Er ist weder jung noch naiv. Er ist eher hohl.

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